Märkische Allgemeine - Luckenwalder Rundschau 09.12.2010

WIRTSCHAFT: Auch für dickköpfige Kunden

In Luckenwalde werden noch immer Hüte in Handarbeit gefertigt

LUCKENWALDE - Es gibt sie noch – Hüte aus Luckenwalde. Wenn auch nicht mehr in den Größenordnungen wie einst. Heute werden im Jahr 5000 Stück produziert. Die Luckenwalder Hutfabrik gehörte einst zu den Ausstattern der DDR-Olympiamannschaft.

Seit elf Jahren wird bei „Esco-Moden“ in der ehemaligen Hutfabrik nur noch zu zweit gearbeitet. Inhaberin Birgit Klemt sorgt dafür, dass genügend Aufträge reinkommen, und die gelernte Kleidungsfacharbeiterin Birgit Wagner ist für die Produktion zuständig. Angefertigt werden verschiedene Hüte, je nach Kundenwunsch. Besonders gefragt sind Lederkappen und Ballonmützen sowie Hüte aus Wollstoffen. Beliefert werden Einzelhandelsgeschäfte in ganz Deutschland, aber auch die Eisenbahner der Harzer Schmalspurbahn. Vertreter der Luckenwalder und Jüterboger Schützengilden tragen ebenfalls Hüte „Made in Luckenwalde“. Birgit Wagner erkennt sofort, ob es sich um einen von ihr entworfenen und produzierten Hut handelt.

Wenn sie und ihre Chefin zweimal im Jahr zur Messe fahren, müssen sie die Hüte für das kommende Jahr fertig haben. Dafür brauchen sie mehr als nur den richtigen Riecher. Denn im Voraus zu wissen, welche Farben, welche Muster und welche Hutformen modisch up to date sind, ist eine Wissenschaft für sich. „Farben wie beige, weinrot, braun und schwarz gehen in der Herbst-Winter-Kollektion zum Glück fast immer“, sagt Birgit Klemt. Sie hat einen Blick dafür, wer welchen Hut tragen kann. In ihrem fabrikeigenen Laden in der Anhaltstraße 19-20 in Luckenwalde gibt es für fast jeden Kopf einen passenden Hut. Insgesamt stehen 300 Modelle in verschiedenen Größen zu Auswahl. Zudem werden im Geschäft außer hauseigenen Produkten auch Strickwaren anderer Hersteller angeboten.

Es gibt Kunden, die kommen extra aus Berlin und Potsdam nach Luckenwalde, um sich einen Hut auszusuchen. Auch „dickköpfige“ Kunden haben gute Chancen, die passende Kopfbedeckung zu finden. Die Herrenhüte werden bis zu einer Kopfweite von 62 Zentimetern und Damenhüte bis 60 Zentimeter angefertigt.

Für einen Hut sind viele Arbeitsgänge notwendig. Als erstes rollt Birgit Wagner den entsprechenden Stoffballen aus. Per Schablone wird der Stoff dann ausgeschnitten, die Einlage aufgebügelt und anschließend mit der Nähmaschine genäht. Wenn das erledigt ist, erhält der Hut die „Garnitur“, das heißt, er wird mit Blüten, Knöpfen oder ähnlichem aufgehübscht. Zuletzt bekommt das gute Stück noch eine schonende Dampfdusche und wird dann auf einen heißen Hutweiter gestülpt. Sobald der Hut abgekühlt ist, erhält er ein Etikett und geht in den Verkauf oder Versand. Neben Wollstoffen kommt echtes Leder zum Einsatz. Lederkappen beispielsweise sind bei Cabrio-Fahrern sehr beliebt. Diese wurden schon zu DDR-Zeiten in der Luckenwalder Hutfarbik produziert. Nur zu kaufen bekam man sie nicht, weil sie für den Westen produziert wurden. Allein um eine Lederkappe zu nähen, braucht die Fachfrau eine Stunde. Beim Dämpfen muss sie ganz vorsichtig sein. Bei zu viel Dampf würde sich das Leder zusammenziehen.

Die Hüte, die Birgit Wagner in dieser Woche zugeschnitten und genäht hat, sind schon auf dem Weg zum Kunden. „Natürlich ist es leichter, von einem Modell gleich ein Dutzend anzufertigen. Doch oftmals werden Einzelstücke gewünscht“, sagt sie.

Wenn heute der Luckenwalder Weihnachtsmarkt beginnt, sind auch Birgit Klemt und Birgit Wagner mit einem Stand vertreten. Sie verkaufen Hüte, Mützen und Strickbekleidung im Rathaus in der oberen Etage. „Das ist seit Jahren unser Stammplatz und wir hoffen, dass viele Kunden kommen“, so die Chefin. Sie staunt immer wieder, dass viele Luckenwalder gar nicht wissen, dass in der Hutstadt noch Hüte produziert und verkauft werden. Sie selbst trägt nicht so gern Hut, sondern lieber Mützen – am liebsten aus der eigenen Kollektion. (Von Margrit Hahn)

© Märkische Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH Potsdam

 

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